Dezember und alles was dazu gehört

Dieser Dezember war einer der intensivsten, die ich erlebt habe. Wir haben sehr viel gearbeitet und leider schlecht geschlafen. Aber es gab natürlich auch viele schöne Augenblicke.

Zuerst möchte ich von der Topfkollekte erzählen. Vielleicht weisst du, wie dies in der Schweiz funktioniert, jedes Heilsarmeekorps hat einer oder mehrere Töpfe, die in der Weihnachtszeit herausgeholt werden, um Spenden zu sammeln. In der Schweiz findet die Topfkollekte meistens nur an einigen Tagen statt, meistens Donnerstage bis Samstage. Hier in Norwegen standen wir jeden Tag mit 4-5 Töpfen an verschiedenen Orten, ausgenommen Sonntage. Glücklicherweise haben wir viele gute Freiwillige, die Topfwächter sein wollten, aber es waren trotzdem ziemlich viele Stunden, die wir selbst standen. Zusätzlich zum Bringen und Holen der Töpfe und das Zählen der eingenommenen Spenden. Ich bin sehr froh, dass wir zu dritt sind und gute Soldaten im Korps haben, die uns tatkräftig unterstützen.

Siggi steht an der Topfi und präsentiert den Pulli, den ich ihm letztes Jahr gestrickt habe
Ich bin auch an der Topfi
Ein kleines bisschen Weihnachtsschnee. Wenn es auch eher Weihnachtspflotsch ist…

Zusätzlich zur Topfkollekte haben wir auch so etwas das “Juleutdeling” heisst (sprich “jüle-üt-deling” und bedeutet “Weihnachtsausteilung”). Ich glaube, ich habe früher bereits einmal darüber geschrieben. Hier in Sandnes hatten wir etwas über 250 Gesuche für Weihnachtshilfe und insgesamt waren es über 600 Personen, die Hilfe erhielten. Alle die ein Gesuch stellten, erhielten Hilfe, da wir nicht die Kapazität haben, jedes Gesuch zu überprüfen. Wir leben besser mit uns selber, wenn wir jemandem helfen, der es vielleicht nicht braucht, als jemandem nicht zu helfen, der es bräuchte. Obwohl wir die Gesuche nicht prüften, gab es sehr viel zu tun, alle zu registrieren und ein System zu erarbeiten. Aber um ehrlich zu sein, hat mir das auch ein bisschen Spass gemacht. 😉

Am Sonntag 10. Dezember hatten wir unseren zweiten Adventsgottesdienst. In diesem Gottesdienst verabschiedeten wir auch “Brødremusikken” (sprich “brödremüsicken” = “Die Brüdermusik”). Diese Gruppe wird aus verschiedenen Gründen aufgelöst. Einer dieser Gründe war, dass viele der Mitglieder ziemlich in die Jahre gekommen sind und auch einige in den letzten Jahren gestorben sind. Es war ein würdiger Abschied, bei dem ich eine kurze Dankesrede halten durfte.
Im gleichen Gottesdienst weihten wir auch einen neuen Soldat ein. Arne ist zwar schon lange mit dabei, hat sich aber jetzt dafür entschieden Soldat zu werden. Wir freuen uns darüber und wünschen ihm von Herzen einen gesegneten Dienst!

Der letzte Einsatz der Brødremusikken
Arne wird als Soldat eingeweiht
Gratulation dem frischgebackten Soldaten!

Am 11. Dezember hatten wir eine Prüfung in “Theologie als wissenschaftliches Fach” und “Kritisches Denken”. Dies war ein zusätzlicher Stressfaktor und raubte mir zwischendurch den Schlaf. Mit Freude (und ein bisschen Stolz) kann ich sagen, dass wir beide bestanden haben. 🙂

Unser Kinder- und Jugendchor Gjenklang hatte auch zwei Einsätze an der Topfkollekte und es super zu sehen, wie die Kinder und Teenager dem Wetter trotzten. Hier ein kleines Video:

Ich habe ja von unserer Familienaktivität “Sammen” erzählt. Mit diesen Familien waren wir im Kino und haben einen norwegischen Weihnachtsfilm gesehen. Das war ein super Erlebnis für Kinder und Erwachsene, die es sich normalerweise nicht leisten können, ins Kino zu gehen. Anschliessend luden wir alle zum Gottesdienst ein, der am Nachmittag stattfand und mit dem wir “Weihnachten einsangen”. Dies ist auch eine norwegische Tradition, eine Art Weihnachtkonzert, bei dem auch zwischendurch mitgesungen werden darf. Es war schön, zu sehen, dass viele der Eltern kamen, unter anderem auch um ihre Kinder singen zu hören.

Siggi und ich im Kino mit Sammen
“Elim Brass” kam und spielte für uns 🙂
Elim Brass von der anderen Seite 😉
Unser gemischter Chor Frelsesfryd sang auch
Und natürlich Gjenklang 🙂

Ein besonderes Erlebnis war eine Einladung in eine Kinderkrippe. Wir wurden eingeladen, persönlich eine Spende einer Kinderkrippe in Empfang zu nehmen und ich durfte diese Person sein. Ich war bei der Adventsfeier im “Kreisli” dabei und anschliessend erzählte ich kurz über die Arbeit der Heilsarmee und wozu die Spenden gebraucht werden. Die grossen Kinder durften danach die Geldscheine und Münzen in den mitgebrachten Topfitopf stecken. Es war schön zu sehen, dass die Kinder zum Mithelfen und Spenden aufgefordert werden.

Von der Weihnachtshilfe habe ich ja schon ein bisschen erzählt. Wir erhielten ein riesige Menge Geschenke, die wir an die Kinder der Familien austeilen konnten, die ein Gesuch für Weihnachtshilfe gestellt hatten. Ein besonderes Erlebnis mit diesen Geschenken möchte ich gerne mit dir teilen: Siggi war für die Austeilung der Geschenke verantwortlich, er hatte eine Liste über die Kinder jeder Familie, so dass er alters- und geschlechtsgerechte Geschenke raussuchen konnte. Ein Mädchen kam mit seiner Mutter, um für sich und die anderen Geschwister ein Weihnachtsgeschenk abzuholen. Da sagte die Mutter, dass das Mädchen Geburtstag habe und heute neun Jahre alt werde. Wir gratulierten und Siggi erlaubte dem Mädchen hinter den Tisch zu kommen und selbst ein Geburtstagsgeschenk auszuwählen. Niemand sonst durfte in den Raum mit den Geschenken hineinkommen. Das Mädchen wählte sich ein Geschenk aus und Siggi gab ihr noch ein zweites und drittes dazu. Sie war so gerührt, dass sie zu weinen begann und auch die Mutter musste ein paar Tränen trocknen. So einfach ist es manchmal, jemandem Freude zu machen.

In diesem Video erkläre ich, dass alle Geschenke im ersten Raum neu sind, also direkt aus dem Laden. Alle Geschenke sind Spenden und durften wir an Familien austeilen. Im zweiten Raum sind gespendete Dinge, die gebraucht sind. Hier durften sich alle zusätzlich 3-4 Dinge auswählen.

In Norwegen nennt man wahre Geschichten, die gut enden “Sonnenscheingeschichten”. Das Erlebnis mit dem Mädchen war eine solche Sonnenscheingeschichte. Und ich habe noch eine andere erlebt. In Norwegen gibt es eine Restaurantkette die “Egon” heisst. Egon spendet der Heilsarmee jedes Jahr Gutscheine für ein Weihnachtsessen. Wir in Sandnes haben dieses Jahr 120 solche Gutscheine erhalten und durften diese an Menschen austeilen, denen wir besonders danken wollten, oder solche, die es sich nicht leisten können, auswärts zu essen. Als wir allen Familien und auch den Freiwilligen von Sammen solche Gutscheine ausgeteilt hatten, hatten wir immer noch ziemlich viele übrig. Siggi hatte die gute Idee, sie an der letzten Lebensmittelausgabe an diejenigen auszuteilen, die wir etwas kannten und wussten, dass sie daran Freude haben würden.
Unser freiwilliger Helfer Kjell kennt viele Leute und hilft uns jede Woche mit der Registrierung. Als eine Frau namens Wenche hereinkam, mit der er ein freundliches Gespräch hatte, fragte ich ihn, ob nicht sie eine solche Person sei, die Freude an Egon-Gutscheinen habe. Er bejahte und ich gab ihr zwei Gutscheine, für sich und ihre Teenagertochter. Sie war so gerührt, dass sie fast weinen musste. Als sie ins Untergeschoss gegangen war, um zu essen und ihre Lebensmitteltasche zu holen, erzählte mir Kjell, dass sie gute Arbeit mit verschiedenen Leuten in schwierigen Situationen leistet. Sie arbeitet freiwilllig mit Menschen mit psychischen Herausforderungen, Drogenproblemen, finanziellen Schwierigkeiten und solchen, die mit Einsamkeit kämpfen. Ich wurde berührt darüber, wie stark sie sich engagiert, obwohl sie selbst kaum genug zum Leben hat.
Da entschied ich mich dafür, ihr noch weitere zehn Gutscheine zu geben, die sie an Leute verteilen kann, mit denen sie arbeitet. Ich kam also mit einem Couvert mit den zusätzlichen Gutscheinen zu ihr herunter und sie konnte es kaum fassen, hatte wieder Tränen in den Augen und sagte, dies sei ein so grosser Segen.
Ungefähr eine Woche später gab mir unsere Kinderarbeitverantwortliche Kari vier Egon-Gutscheine zurück, die sie nicht verteilt hatte und ich dachte sofort an Wenche und schrieb ihr eine SMS ob sie noch weitere vier Gutscheine verteilen möchte. Sie schrieb sofort zurück, bejahte und dankte für die Möglichkeit. Am nächsten Tag kam sie bei der Heilsarmee vorbei um die Gutscheine abzuholen und sagte: “Ich weiss genau, wem ich diese geben soll! Dies ist ein wunderbarer Segen.” Wenche erzählte mir auch, dass sie mit den anderen zehn bereits Essen war und dass Egon alles wunderbar festlich für sie eingerichtet hatte. Sie durften in einem eigenen Raum sein, mit Weihnachtsbaum und Dekorationen, und wurden wie Könige behandelt. Wenche sagte, dass so viele etwas sagen wollten am Tisch, dass sie die Hand aufstrecken mussten, damit es nicht zu chaotisch wurde. 😀 Und einer der Männer, die dabei waren, ass und weinte und weinte und ass, weil er sich so gesegnet fühlte. Es ist so schön zu sehen, dass wir mit so einfachen Mitteln zum Segen für andere werden dürfen. Solche Erlebnisse zeigen mir, dass es sich lohnt, auch wenn es zwischendurch so anstrengend ist, dass ich kaum noch kann. Aber jetzt sind Weihnachtsferien und ich habe Zeit mich zu erholen. 🙂

Weihnachtsdekoration auf unserem Stubentisch

Hier im Norden (Norwegen und Island auf jeden Fall) feiert man Weihnachten am 24. Dezember.  Siggi und ich waren beim Weihnachtsgottesdienst im Korps dabei und anschliessend feierten wir zu zweit. Wir hatten isländisches Weihnachtsessen (Schweinelende) mit karamellisierten Kartoffeln, Mais, Erbsen, Rotkohl und natürlich Sauce. Dazu tranken wir traditionelles isländisches “Malt og Appelsín” ein Gemisch aus Malzektrakt und Orangenlimonade.

Der Tisch mit dem Weihnachtsessen
Und noch ein bisschen näher
Siggi war Koch 🙂
Eine norwegische Tradition ist “Kransekake” (Kranzkuchen) am Heiligabend
Unser Weihnachtsbaum mit allen Päckli
Oder fast allen: dieses riesige Geschenk war nicht unter dem Baum
Es war ein Geschenk von Siggi an mich: ein Bild von unserem Hochzeitstag 🙂
Auch dieses kleine feine Geschenk enthält ein Bild von unserem Hochzeitstag 😀
Am 25. Dezember ist Zeit für “Hangikjöt” geräuchertes und gesalzenes Lammfleisch
Hangikjöt mit Zubehör am 25. Dezember 🙂

Vorgestern hatten wir auch noch eine norwegische Tradition: Weihnachtsbaumfest. Bei uns in Sandnes war es eine Mischung aus verspäteter Weihnachtsfeier mit Krippenspiel und Weihnachtsliedern und Fest, bei dem man singend und tanzend um den Weihnachtsbaum zieht. Es hat Spass gemacht! Anschliessend hatten die Mütter aus “Sammen” für uns traditionelles eritreisches Essen gekocht, das war super lecker!

Die Kinder und Jugendlichen aus Gjenklang sangen führten ein Krippenspiel auf
Die Hirten kommen zum Stall
Die Weisen kommen zum Stall

Die letzten und die kommenden Tage werden wir uns noch etwas erholen, bevor wir dann am 4. Januar wieder anfangen zu arbeiten. Gestern Abend waren wir zum Znacht bei einer Frau aus dem Korps eingeladen und danach ging es ab ins Kino um “Napoleon” zu sehen. 🙂

Wir waren in einem Kinosaal mit verstellbaren Stühlen und einem kleinen Beistelltischchen. Super Luxus!
Beine hoch und das Getränk in Reichweite 😀 Wollte man, so konnte man sogar den Sitz heizen

7 Gedanken zu „Dezember und alles was dazu gehört“

  1. Merci viu viu mau für dä Iblick i öi Arbeit ir Wiehnachtszit. Viiiiu Arbeit 🥵aber dini Erläbnis hei mi o sehr berüehrt🥲 es isch ou chli Längiziti derbi we mer es Träneli i d’Ouge chunnt, aber i fröie mi ganz fescht, dass es nech guet geit und dir ou wider Erholigstage heit. I fröie mi ou das Biud i natura chönne z,bewundere…. liebi ❤️❤️❤️❤️❤️❤️Grüessli

  2. Das ist ein sehr beeindruckender und vorallem sehr berührenden Bericht! Vielen Dank, liäbe Lou, dass du uns teilhaben lässt an eurem Weihnachts Alltag…. Ich hoffe ganz fest, dass ihr euch nun etwas erholen könnt.., wir wünschen euch von Herzen alles Liebe und Gottes reichen Segen! Ganz herzliche Gratulation zu den bestandenen Prüfungen! Liebe Grüsse aus der 🇨🇭!

  3. Hei Lou
    ein GROSSES DAAANKE !! für deine Blog Post.
    es ist so schön von euch, den Traditionen, guten, freudigen Erlebnissen und Gesegnetem wenn auch seehr anstrengendem Dienst zu hören.
    Uuuund… herzliche Gratulation zu der bestandenen Prüfung!!! so guet.!
    Wir wüschen euch ein Happy End vom 2023
    und ein, guter Start in die Abenteuer des 2024
    Häbet euch sorg !
    Bhüet ech Gott, Er gebe euch, was ihr euch von herzen wünscht und lasse es wohlgelingen und blibet gsägnet.
    Lieber Gruss Vreni und Markus

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