Mein Leben im Moment ist alles andere als langweilig! Vielleicht hast du das schon mitbekommen 😀 Ich erlebe hier sehr viel! Unter anderem klingelt es plötzlich an der Tür und ein isländischer Youtuber versucht, uns seine Talentshow schmackhaft zu machen. Er musste uns erst erklären, dass er in Island berühmt ist und ich glaube, er hat gedacht, wir seien Amerikaner. Wie auch immer, es war lustig. Das würde in der Schweiz höchstwahrscheinlich nicht passieren. Island ist anders.
Auf dem Weg von Akureyri nach Reykjavík (als wir an das Jugendwochenende gingen, ist schon eine Weile her… 😉 ), haben wir Reiter gesehen, die Schafe über die Strasse getrieben haben. Island ist eines der letzten Länder, in welchem der Schafabtrieb von den Weiden im Hochland immer noch praktiziert wird. Die Schafe sind den ganzen Sommer über sich selbst überlassen und werden im September zusammengetrieben, um sie zu scheren und einige zu schlachten. Daher ist ein spezielles Herbstgericht in Island die “kjötsúpa”, eine Fleischsuppe mit Schaffleisch. Leider hatte ich noch nicht die Gelegenheit, diese auszuprobieren. Die Schafe in der Schweiz werden nicht mehr den ganzen Sommer sich selbst überlassen. Island ist anders.
Dafür hatten wir heute beim “bæn og matur” (“Gebet und Essen”) ein traditionelles Gericht: “kakosúpa”! Dreimal darfst du raten, woraus das besteht. Genau: aus Schokolade! Es ist eine Schokoladen-Suppe. Sie ist in etwa zu vergleichen mit Schokoladencrème, aber dünner und wird warm serviert. Dazu gab es dicker Rahm (der in Island etwas säuerlich schmeckt), eine Art Zwieback, aber dicker, das in die Suppe gebröckelt wird, Brot, Käse, Eier, geräucherter Lammaufschnitt, Salami, Gurken… Da die Suppe süss ist (schmeckt wirklich wie dünne und warme Schokoladencrème), war die Kombination mit den salzigen Beilagen interessant. Ich fand es sehr angenehm, zwischen zwei Löffeln süsser Suppe mal ein Butterbrot mit Käse zu essen. Ich finde es super, kann ich traditionelle Gerichte probieren! Auch wenn ich nicht alles gern haben muss. Bis jetzt war alles lecker 🙂 Island ist anders.
Was ist sonst noch anders in Island? Die Stromproduktion! Also nicht als solches. Aber Island hat den Vorteil, dass heisses wie kaltes Wasser einfach so aus dem Boden sprudelt. Daher wird ein Grossteil des Stroms (wenn nicht sogar 100%) mit Dampfturbinen oder Wasserkraftwerken produziert.
Es ist spannend, wenn man an so einem Ort vorbeifährt, wo dampfende Säulen eine heisse Quelle markieren. Da auch kaltes Wasser in schier endloser Menge verfügbar ist, muss ich hier etwas umdenken. Wasser sparen kennen die Isländer nicht. Da man fast aus jedem Bach und Fluss in der Natur trinken kann, wird auch das Wasser direkt von den Bächen und Quellen in die Leitungen eingespeist. Und zwar heisses, wie auch kaltes Wasser. Das ist der Grund, warum das heisse Wasser in Reykjavík stark nach Schwefel riecht. Auch hier in Akureyri riecht man es ein bisschen, aber viel weniger. Beim Heizen muss ich ebenfalls umdenken. Da das heisse Wasser kostenlos verfügbar ist, wird bei offenen Fenstern auf dem Maximum geheizt. Das ist für mich als eher sparsamen Menschen noch gewöhnungsbedürftig. Aber vor allem in unserem Haus ist es wichtig, dass die Fenster offen sind, da das Haus sonst innen feucht wird und zu schimmeln beginnt. Die Fenster sind ebenfalls anders als in der Schweiz. Sie können nicht ganz geöffnet werden, sondern nur wie eine Luke. Daher sind sie meistens Tag und Nacht offen. Island ist anders.
Die Aballtrennung ist anders als in der Schweiz, aber auch ganz ok 😉 Es gibt separate Container für Kompost, Plastik, Büchsen, Papier und Karton, Glas, Getränkeflaschen und Aludosen. In den Kompost kann man alles, was irgendwie biologisch abbaubar ist, reinwerfen, auch Essensreste. Das ist super praktisch! Island ist anders.
In vielerlei Hinsicht ist Island anders als die Schweiz. Aber Akureyri und Biel haben auch ein paar Gemeinsamkeiten: In beiden Städten leben viele einsame Leute, sozial isoliert und von der Gesellschaft abgeschnitten. Die Armut beider Städte ist nicht materieller, sondern sozialer Art. Dem wollen wir hier in Akureyri entgegenwirken, so wie wir das auch in Biel wollen. Die Hertex (Brocki) in Akureyri ist ein Treffpunkt für viele einsame Leute aus dem Quartier, daher werden wir vermehrt dort anzutreffen sein, mit ihnen reden, oder einfach nur da sein. Immerhin kommen schon ein paar Kinder zu unserem “opið hús” (offenen Haus), aber wir möchten noch sichtbarer werden in der Stadt. Daher gibt es bald eine Sitzung, bei welcher wir besprechen, wie wir als Heilsarmee in der Stadt aktiv werden und der Not der Menschen begegnen können. Schliesslich sind wir hier, um Liebe, Frieden und Freude zu proklamieren und zu leben. Wir wollen die Liebe Jesu in diese Stadt hinaustragen und Licht in der Dunkelheit sein. Ich bin gespannt, was da raus kommt!
So anders ist Island eben doch nicht. Alle Leute hier sehnen sich nach Liebe und Annahme, genau so wie in der Schweiz. Die Menschen brauchen Jesus, genau wie in der Schweiz. Und unser Gott ist derselbe, hier und in der Schweiz.
Merci Lou deine Berichte sind immer sehr spannend.
Was mir auch als anders auffällt, ist sooo viel Landschaft und nirgends ein Haus, sprich auch ein wenig einsam… oder sind die Häuser so gebaut, dass mann sie gar nicht sieht?
Huhu!
Ja, s’sich wahr, s’het sehr viu Platz z’Island. Nei, i finges gar nid einsam, mir gfauts 🙂 U i wohne ja ir Stadt, da hets no angeri Mönsche 😉